Was für ein Abend, was für eine Botschaft, was für eine Chance.

Die Verleihung des diesjährigen BGM-Förderpreises der DAK hat mich tief erfüllt. Denn in diesem Jahr transportiert der renommierte Award eine ganz besondere Botschaft: Sowohl Gold, Silber als auch Bronze gingen an Institutionen des Gesundheitswesens. Eine gefühlte Sensation – denn das Motto für alle Einreichenden lautete: „New Work aktiv gestalten – Chancen für eine gesunde Führung nutzen.“

„New Work im Krankenhaus geht nicht“, „Wir sind anders als andere Branchen“, „Wir sind eben eine Mangelorganisation, und das wird sich auch nicht ändern“ – all diese Sätze sind uns nicht fremd. Dass ausgerechnet zwei Kliniken und ein Dialyseversorger für innovative New Work-Ansätze ausgezeichnet wurden, stellt die Transformation der Branche in ein ganz neues Licht.

Das Gesundheitswesen heilt sich selbst – von innen heraus

Gemäß des Ansatzes der Salutogenese ist Gesundheit kein Zustand, sondern ein Prozess. Das gleiche gilt für den Weg, auf dem sich die Branche gerade befindet. Schritt für Schritt, Projekt für Projekt, finden sich Menschen zusammen, die davon überzeugt sind, dass Krankenhäuser und andere Institutionen keine Mangelorganisationen sind, sondern Organisationen der Fülle sein können und sich genau dafür einsetzen. Hierfür stehen auch die Projekte, die den Förderpreis entgegen nehmen durften:

  1. Platz: Klinikum Aschaffenburg-Alzenau. Prämiert wurde das bundesweite Pilotprojekt der selbstorganisierten Station. Für mich war besonders eingängig, was Chefarzt Hubertus Schmitz-Winnenthal vor einigen Wochen in einem Vortrag sagte: „Selbstorganisation ist Mittel zum Zweck, um Apfelsaft zu machen.“ Was sich dahinter verbirgt? Heute sehen wir im übertragenen Sinne oftmals zu, wie reife Äpfel vom Baum auf den Boden fallen, fühlen uns dafür jedoch nicht zuständig: Der Chef soll das machen, die andere Abteilung. Mehr noch: Wir klagen über die vergammelnden Äpfel oder machen zynische Bemerkungen. Wie wäre es, wenn wir alle Verantwortung für die Äpfel übernehmen, sie rechtzeitig gemeinsam aufheben und etwas Neues daraus machen – Apfelsaft eben? Die Methode Loop Approach wird alle Berufsgruppen auf der chirurgischen Modellstation dabei unterstützen, selbstbestimmt und selbstorganisiert zu arbeiten.
  2. Platz: Klinikum Niederrhein in Duisburg. Prämiert wurde das hybride Arbeitsmodell, das eine agilere Arbeits- und Führungskultur für Stationsleitungen in der Pflege etablieren soll
  3. Platz: KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation in Neu-Isenburg. Mit dem beziehungsorientierten Lernprogramm Working Out Loud wird selbstorganisiertes Arbeiten und Lernen in der Mitarbeiterschaft gefördert. Ich bin stolz darauf, WOL Healthcare gemeinsam mit Bettina JungJulia SchorlemmerMatthias Schiebl und Jens Pauluhn für die Pilotorganisation KfH konzeptionieren und umsetzen zu dürfen.

Es geht um Menschen

Der BGM-Preis siedelt New Work genau da an, wo es hingehört – an die Menschen, ihre Bedürfnisse, ihre Gesundheit. Es geht darum, den Menschen ihr Sinnerleben wieder zu ermöglichen, kollektive Gestaltungsräume zu öffnen, psychologische Sicherheit in Teams zu fördern und Energien fließen zu lassen – nicht nur zum Wohle der Patientinnen und Patienten, sondern auch zum Wohle derjenigen, die sie betreuen. „Kümmere dich um die Menschen, dann kümmern sich die Ergebnisse um sich selbst“, sagte einst Götz Werner, der schon immer dahingehend inspirierte, Führung neu zu begreifen.

Eine Aufgabe, die größer ist als wir selbst

Und so standen die Menschen auf der Bühne dort nicht nur für ihr persönliches Engagement, ihre Projekte und Unternehmen. Sie standen dort für eine gesamte Branche. Gerald Hüther sagte einmal: „Erfolg ist die verführerische Frucht am Baum des Gelingens.“ Im Grunde geht es weniger um den sichtbaren Erfolg als um das gemeinsame Gelingen – ein höheres Anliegen, welches nicht allein, sondern nur im Team umgesetzt werden kann.

In einem Jahr, in dem die zwei Bücher „New Work in der Medizin“ und „New Work in Healthcare“ erschienen sind, ist der BGM-Preis die Krönung für den Aufbruch der Branche. Seht her, es geht! Mit positiven Zielbildern und eigenen Rezepten setzen wir der Resignation und dem Warten auf eine große Reform mutig etwas entgegen. Danke an die Jury für diese unglaubliche Sichtbarmachung und Anerkennung der Aktivitäten, die beispielhaft für viele weitere menschengerechte Ideen und Ansätze im Gesundheitswesen sind.

Im nächsten Jahr werden wir erneut an der Preisverleihung teilnehmen – jedoch nicht als Finalisten, sondern um über das in den prämierten Projekten Gelernte und Erreichte zu berichten. Ich kann es kaum erwarten!


Fotos: Paul Müller
Hier geht es zur Pressemitteilung der DAK.